Lasst Jungen selber entscheiden, ob sie beschnitten werden wollen oder nicht

Kinderbeauftragte der nordischen Länder beschließen Resolution für das Recht von Jungen auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung
 

Am gestrigen Montag, den 30.9.2013, trafen sich in Oslo, Norwegen, die Kinderbeauftragten der nordischen Länder mit Vertretern von Kinderarztverbänden. Es wurde eine Resolution verabschiedet, in der die Regierungen der nordischen Staaten aufgefordert werden, auf ein Verbot von nicht-therapeutischen Beschneidungen an minderjährigen Jungen hinzuarbeiten.


Hier eine (inoffizielle) Übersetzung des Resolutionstextes:

--------------------------------

 

LASST JUNGEN SELBER ENTSCHEIDEN, OB SIE BESCHNITTEN WERDEN WOLLEN ODER NICHT


 

Die nicht medizinisch indizierte Beschneidung an einer Person, die selbst keine informierte Zustimmung dazu geben kann, steht im Konflikt zu den Grundsätzen der medizinischen Ethik, besonders da diese Operation unumkehrbar und schmerzhaft ist, und ernste Komplikationen mit sich bringen kann. Es gibt keine gesundheitlichen Gründe, kleine Jungen in den nordischen Ländern zu beschneiden. Argumente, die für eine Beschneidung an Erwachsenen sprechen könnten, spielen für Kinder in nordischen Gefilden keine nennenswerte Rolle. Jungen können sich selber für oder gegen diese Operation entscheiden, wenn sie alt genug sind, um eine eigene, informierte Entscheidung zu treffen.


 

Als Kinderbeauftragte und Experten für Kinder- und Jugendmedizin sehen wir die Beschneidung von minderjährigen Jungen im Konflikt mit der UN Kinderrechtskonvention, Artikel 12, der Berücksichtigung des Kindeswillens, und Artikel 24, Absatz 3, der besagt, dass Kinder vor überlieferten Bräuchen zu schützen sind, die ihre Gesundheit beeinträchtigen können. Der UN-Menschenrechtsrat hat im Jahre 2013 alle Staaten dazu aufgefordert, Operationen, die die Unversehrtheit und Würde des Kindes gefährden und die Gesundheit von Mädchen und Jungen beeinträchtigen, zu verbieten. Wir betrachten es als zentralen Punkt, dass elterliche Rechte in diesem Zusammenhang nicht über dem Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit stehen. Das Kindeswohl muss zwingend an erster Stelle stehen, auch wenn dies Erwachsene in ihrem Recht einschränkt, religiöse oder traditionelle Rituale durchzuführen.


 

Die nordischen Kinderbeauftragten und Experten für Kinder- und Jugendmedizin wollen deshalb darauf hin arbeiten, dass eine nicht-therapeutische Beschneidung nur stattfinden kann, wenn der Junge das nötige Alter und die nötige geistige Reife erlangt hat, um die notwendige medizinische Aufklärung zu verstehen, und seine Zustimmung dazu gibt. Wir wünschen uns einen respektvollen Dialog aller Beteiligten darüber, wie die Selbstbestimmung der Jungen in Bezug auf die Beschneidung bestmöglich sichergestellt werden kann. Wir fordern zudem unsere Regierungen nachdrücklich dazu auf, über Kinderrechte und gesundheitliche Risiken der Operation aufzuklären. Wir fordern die nordischen Regierungen zudem dazu auf, die notwendigen Schritte einzuleiten, um sicherzustellen, dass Jungen das Recht erhalten, die Entscheidung für oder gegen eine Beschneidung selbst treffen zu können.


 

Oslo, 30. September 2013


 

Unterzeichnet:


 

Anne Lindboe, Norwegische Kinderbeauftragte

Frederik Malmberg, Schwedischer Kinderbeauftragter

Maria Kaisa Aula, Finnische Kinderbeauftragte

Per Larsen, Vorsitzender des Dänischen Kinderrates

Margrét Maria Sigurdardóttir, Isländische Kinderbeauftragte

Anja Chemnitz Larsen, Grönländische Kindersprecherin

sowie Vertreter der nordischen Kinderarzt- und Kinderchirurgenverbände